UPDATE vom 5. Mai 2020: Google beginnt nun auch in Deutschland damit, die kostenlosen Listings bei Google Shopping auszuspielen. Dafür reicht es tatsächlich, einfach über einen sauberen Produktdatenfeed zu verfügen. Die Reihenfolge der kostenlosen Listings wird von Google basierend auf der Relevanz bestimmt – genau wie bei Beiträgen in der Web-Suche.
Bill Ready, President of Commerce bei Google und damit Chef der Ads-Abteilung, ließ vergangene Woche die Bombe platzen: In einem Blog-Post mit dem Titel „It’s now free to sell on Google“ kündigte er an, dass es bald wieder möglich sein wird, kostenlos bei Google Shopping Produkte anzubieten. Zunächst in den USA, „bis zum Ende des Jahres“ auch weltweit. Was das bedeutet, welche Hintergründe Googles Schritt hat und was Sie tun müssen, um künftig die kostenlosen Platzierungen bei Google Shopping nutzen zu können – all das erfahren Sie hier.
Wird Google Shopping komplett kostenlos?
Nein. Laut Bill Ready wird der Google Shopping-Tab künftig „hauptsächlich“ aus kostenlosen Listings bestehen. Es wird aber weiterhin die Möglichkeit bestehen, bei Google Shopping Ads zu schalten. Wie das in der Praxis aussieht, konnten US-Amerikaner bereits Anfang dieser Woche sehen. Die Implementierung erinnert an die Sponsored Products von Amazon: Oberhalb der kostenfreien Listings können bei Google Shopping auch in Deutschland künftig einige kostenpflichtige Ads geschaltet werden. Welche Ads dort oben präsent sind, wird aller Voraussicht nach wie bisher in Form von CPC-Versteigerungen entschieden. Die übrigen Produkte, die „organisch“ Ihren Weg in den Shopping-Tab finden, dürften derweil wie im Such-Tab nach ihrer Relevanz geordnet sein.
I don't focus on the paid side as much, but it looks like the free shopping listings might have gone live. I see two sections, one for sponsored at the top and then the bottom listings which say Google isn't compensated for clicks. @GinnyMarvin, do you know? pic.twitter.com/ZiWe9IEXOb
— Glenn Gabe (@glenngabe) April 24, 2020
So dürfte auch in Deutschland der Shopping-Tab bald aussehen: einige bezahlte Anzeigen oberhalb der kostenlosen Listings.
Warum ändert Google die Funktionsweise von Google Shopping?
Bill Ready zufolge will Google angesichts der Coronakrise und der Umsatzeinbrüche, die das Coronavirus verursacht hat, den Einzelhandel stärken. So solle durch die Änderungen auch kleinen Geschäften die Möglichkeit gegeben werden, ihre Produkte über Google Shopping kostenlos zu vertreiben.
Angesichts dessen, dass Google wie so ziemlich jeder andere große Konzern nicht wirklich für eine noble Gesinnung bekannt und letztlich vor allem auf den eigenen Gewinn aus ist, klingt ein anderer Grund als Ursache für Googles Strategie-Änderung aber wahrscheinlicher: Amazon ist dabei, sowohl Google als auch Facebook im Bereich der Werbe-Einnahmen durch Produktsuchen nach und nach den Rang abzulaufen.
Google Shopping auf Kunden zu beschränken, die für Produkt-Platzierungen bezahlen, hat dazu geführt, dass das Angebot bei Amazon für immer mehr Kunden attraktiver wurde und sich mittlerweile viele den „Umweg“ über Google sparen und Amazon direkt ansteuern. Da die Öffnung von Google Shopping für kostenlose Listings das Angebot massiv vergrößern und damit auch die Attraktivität von Google Shopping für Kunden steigern dürfte, könnte der Schritt also ein geschickter Schachzug von Google sein, um den Siegesszug von Amazon zu stoppen.
So schreibt Bill Ready in seinem Blog-Beitrag auch davon, die Pläne dazu, Google Shopping kostenlos zur Verfügung zu stellen, angesichts der aktuellen Lage „voranzutreiben“. Das Coronavirus ist also wohl eher als der Stein zu sehen, der ins Rollen brachte, was ohnehin in absehbarer Zeit gekommen wäre.
Google hat wohl Amazon als Vorbild genommen. Auch hier folgen kostenlose Listings auf bezahlte Anzeigen.
War Google Shopping nicht früher schon kostenlos? Was hat sich geändert?
Alte Hasen im Online Marketing werden sich daran erinnern, dass Google 2002 die „Google Produktsuche“ als kostenlose Suchmaschine für Produkte veröffentlichte. Zeitweise als „Froogle“ bekannt, dauerte es zehn Jahre, bis Google 2012 den Service kostenpflichtig machte und Google Shopping in seiner heutigen Form einführte.
Nun die nächste 180-Grad-Wende – back to the roots also? Nicht ganz. Da auch künftig noch kostenpflichtige Hervorhebungen von Produkten möglich sein werden, hat Google ganz und gar nicht vor, die Werbeeinnahmen durch Google Shopping abzuschreiben. Im Gegenteil: Auf Dauer verspricht sich Google mit der Strategieänderung vermutlich mehr Marktanteil und insgesamt mehr Gewinn. Googles Motto dürfte daher also eher lauten: Playing the long game.
Welche Chancen bieten die Änderungen für Händler und Verbraucher?
Google mag zwar nicht selbstlos handeln. Das bedeutet aber nicht, dass die Maßnahmen nicht sowohl für Händler als auch für Verbraucher positive Effekte haben können:
- Die Möglichkeit – auch für den Einzelhandel –, online kostenlos Produkte einem Millionen-Publikum anzubieten
- Eine größere Auswahl an Produkten für Verbraucher
- Eine Reichweitensteigerung für Webetreibende durch die Erweiterung Ihres Angebots durch kostenlose Listings
- Die Unabhängigkeit für Händler von Plattformen wie Amazon und eBay
Welche Risiken bergen die Änderungen von Google Shopping?
Wo Chancen sind, da sind bekanntermaßen auch Risiken:
- Eine größere Konkurrenz bei Google Shopping kann für Webetreibende zu höheren Kosten führen
- Eine potenzielle Verstärkung der Marktmacht von Google kann auf Dauer für Händler und Verbraucher auch von Nachteil sein
Sind kostenlose Google Shopping Ergebnisse auch in Kombination mit einem CSS-Anbieter möglich?
Ja. Die Comparison-Shopping-Services (CSS), mit denen Händler eine Ersparnis von bis zu 20 % bei den Geboten auf Google Shopping-Ads erhalten, werden aller Voraussicht nach auch künftig noch genauso funktionieren. Immerhin werden über Google Shopping auch in der Zukunft noch Ads geschaltet werden – zusätzlich zu den kostenlosen Listings.
UPDATE vom 7. Mai: Mittlerweile hat beispielsweise das CSS-Portal Producthero auch offiziell bestätigt, dass sich mit der Einführung der kostenlosen Listings nichts ändern wird.
Wie kann ich die kostenlosen Listings bei Google Shopping nutzen?
Noch sind die Änderungen von Google Shopping in Deutschland nicht verfügbar und es gibt auch keinen offiziellen Zeitplan dafür. Wenn Sie bisher Google Shopping noch nicht genutzt haben, können Sie aber schon einmal ein Merchant Center-Konto einrichten und optimieren. Genau wie die kostenpflichtigen Anzeigen werden auch die kostenlosen Listings über das Merchant Center hochgeladen. In einem Produktdatenfeed hinterlegen Sie dazu alle Produkte, die Sie online bewerben möchten. Diese können dann im Shopping-Tab erscheinen. Je relevanter ein Produkt dabei für einen Suchbegriff ist, desto weiter oben sollte es erscheinen. Wenn Sie Ihren Feed also bereits jetzt pflegen, werden Sie bereit sein, sobald Google Shopping kostenlos zur Verfügung stehen wird. Ein Google Ads-Konto benötigen Sie hierfür übrigens nicht.
Fazit: Kostenloses Google Shopping soll Amazon unter Druck setzen
Googles Ankündigung liegt erst ein paar Tage zurück, und noch sind nicht alle Details bekannt. Das Ausmaß der angekündigten Änderungen kann also noch nicht abschließend beurteilt werden. Es kann aber gut sein, dass Googles Schritt weitreichende Auswirkungen auf die E-Commerce-Landschaft haben wird. So könnte das Ergebnis eine Win-Win-Win-Situation für Händler, Verbraucher und natürlich Google selbst sein, die auch eine neue Form der Konkurrenz zwischen Google und Amazon bewirkt. Und eine gesunde Konkurrenz nutzt am Ende für gewöhnlich allen.
Genauso gut kann es aber auch sein, dass Amazon sich in seinem Siegesmarsch nicht aufhalten lässt. Es wird auf jeden Fall nicht einfach sein, Kunden davon zu überzeugen, den gewohnten All-in-One-Komfort von Amazon zugunsten von Google Shopping hinter sich zu lassen. Eine geplante Kooperation mit PayPal sowie die Google Shopping Actions, die eventuell auch bald in Deutschland Einkäufe direkt auf der Google-Oberfläche ermöglichen, zeigen aber eines: Google ist bereit, von Amazon zu lernen.